Andere Länder, andere Weihnachtssitten
Halbverwester Rochen als Auftakt der Feierlichkeiten, ein pinkelnder kleiner Mann neben Maria und Josef in der Krippe und eine Hexe, die ihre Reise erst startet, wenn das Christkind sich schon lange verzogen hat: eine kleine kuriose Weltreise der Weihnachtssitten und -bräuche.
Auch wenn sich in unseren Breitengraden der eine oder andere Weihnachtsmann über diverse Balkone hangelt, bei uns kommt das Christkind. Und bringt Kekse und Geschenke wenn man das Jahr über brav war. Aber welche Weihnachtssitten gibt es denn noch so?
Besenstiel statt Rentierschlitten, Italien
In Italien wartet die Hexe Befana ab, bis das Christkind weitergeflogen ist. Dann schlüpft sie am 6. Jänner durch die Kamine und hinterlässt ihre Geschenke in den Strümpfen und Schuhen der Kinder. Trotzdem darf es auch am 24. und 25. Dezember an der weihnachtlichen Tafel festlich zugehen. Hier kommt am 24. Dezember traditionell Fisch, meistens Aal, auf den Tisch. Ein festliches Gericht mit dem Namen „Pranzo della Vigilia“. Am Christtag genießt man in Bella Italia traditionell eine kräftigende Gemüsesuppe, gefolgt von Fleischgerichten aus Huhn, Lamm oder auch Würstchen. Als würdiger Abschluss, des fulminanten Mahls gibt es für die Erwachsenen einen lebensgeisterweckenden Limoncello (ein Likör aus Zitronen) oder einen Nocino, ein Walnusslikör, für den die Nüsse traditionell in der Nacht zum 24. Juni geerntet werden.
Der Honig als Glücksbringer, Russland
Lässt man das kulinarisch weihnachtliche Auge auf der Landkarte ein wenig weiter in den Norden schweifen, ist es alleine schon aus klimatischer Sicht logisch, dass hier Väterchen Frost seine weihnachtlichen Taten vollbringt. In Russland ist er das Pendant zu Christkind und Co. – Rauscht aber mit seinem von Pferden, und nicht wie Santa mit einem von Rentieren, gezogenen Schlitten erst am 6. Jänner ein. Nämlich dann, wenn die russisch-orthodoxen Christen in Russland das Menschwerden Jesu feiern.
Dieses Fest ist am ehesten mit unserem Weihnachten vergleichbar. Gegenseitiges Beschenken und Christbaumschmücken findet allerdings schon am 31. Dezember statt. Hier kommen Familien und Freunde zusammen, feiern das Neue Jahr und das baldige Auftauchen von Väterchen Frost (auf russisch Ded Moroz) in Begleitung seiner Enkelin Schneeflocke (Snegurotschka). Kulinarisch wird traditionell Bortsch gereicht. Honig und Mohn, in den unterschiedlichsten Ausprägungen kulinarisch eingesetzt, bringen Freude und Erfolg für das Neue Jahr.
Fiesta mexicana, Mexiko
In Mexiko geht es zu Weihnachten, bunt, beschwingt und fröhlich zu. Die Weihnachtsfeiertage zählen hier zu den absolut wichtigsten Feiertagen des Jahres und werden auch dementsprechend gefeiert. Schon am 16. Dezember starten die Feierlichkeiten mit den sogenannten Posadas. Von 16. Bis 24. Dezember wird dabei die Herbergen suche von Josef und Maria nachempfunden. Bei Tür Nummer drei an die die verkleideten Josefs und Marias klopfen, wird auf die gefundene Herberge mit Ponche, einem Fruchtpunsch angestoßen. Für die Erwachsenen gibt es einen Ponche con piquete, was so viel heißt, als dass auch ein Schlückchen Tequila in den Fruchtpunsch hinein darf.
Dazu gibt es Buñuelos, eine Art süßer Krapfen. Die perfekte Stärkung für die Piñatas, bei dem die Kinder wieder zum Zug kommen. Hier heißt es die aufwendig gestaltete Pappmaché-Figur, die über den Kindern aufgehängt wird, mit dem Stock aufzuschlagen. Gelingt das, gibt es einen Regen aus allerlei Süßigkeiten, Nüssen und Co., der aus der Piñata herausfällt. Am 24. Und 25. Dezember wird meist erst nach der Mette geschmaust. Dann kommen gefüllter Truthahn oder auch traditionelle Enchiladas zum Zug.
Gebackene Schneeflocken, Island
Fährt man mit dem amerikanischen Santa Claus ein Stückchen in seinem Schlitten, über Europa auf dem Weg zum Nordpol mit, kann es passieren, dass man hier auf die Yulemen trifft. Übermütige Trolle, die in Island ab 13 Tagen vor Weihnachten allerlei Unsinn anstellen, um dann ab 24. Dezember wieder zu verschwinden. Gingerkeks und das so genannte Laufabraud, helfen in der Vorweihnachtszeit die Nerven zu bewahren. Zweiteres ist ein dünnes Fladenweißbrot, in das kunstvolle Ornamente und Bilder geschnitten werden. Die Helligkeit des Brots hat dem Laufabraud seinen Namen als Schneeflockenbrot eingebracht. An den Weihnachtstagen selbst, biegt sich die isländische Tafel vor Köstlichkeiten aller Art, auch wenn am Tag vor Weihnachten in Island nicht der Duft von Keksen in der Luft liegt, sondern der von gereiftem Rochen.
Kaest Skata heißt der fermentierte, eigentlich ungenießbare Fisch, der erst wochenlang abgehangen kein lebensgefährliches Mahl mehr darstellt. Denn erst dann ist die giftige Harnsäure, die der Rochen, wie der Hai nicht über die Nieren ausscheidet, sondern im Fleisch ablagert abgebaut. Trotzdem – auch das intensive Aroma verlangt ortsfremden Weihnachtsfeierern ein Stückchen wikingerlichen, Mut an der festlichen Tafel ab.
Ein Holzklotz zu Weihnachten, Spanien
In nordostspanischen Katalonien rund um und in Barcelona, gibt es für die Kinder einen Holzklotz als Geschenk. Denn Caga tió heißt übersetzt Holzklotz. In der weihnachtlichen Realität ist der Caga tió zum Glück aber ein mit Geschenken gefüllter Korb, der mit einem Tuch verdeckt ist. Am Weihnachtsabend wird der Klotz von den Kindern besungen, mit der Aufforderung die Geschenke doch endlich rauszurücken.
Eine weitere Kuriosität ist in der Weihnachtszeit in den katalanischen Krippen zu finden. Hier gesellt sich nämlich der Caganer, übersetzt kleiner Scheißer zur besinnlichen Gesellschaft dazu. Eine kleine Figur mit heruntergelassenen Hosen, die zwar meist ein wenig abseits steht, aber sogar von der Kirche als offizielle Krippenfigur anerkannt ist. Auf der festlichen Tafel gesellen sich der klassische Schinken vom Schwarzfußschwein (Jamon Iberico) zu russischem Salat, Kroketten und Lammbraten, sowie gebratenem Ferkel (cochinillo) oder auch Truthahn. Und zum Abschluss gibt es einen starken Espresso mit Brandy, Carajillo genannt. Dann ist man gewappnet für die weihnachtlichen Feierlichkeiten.
Nina Maduixa für Tante Fanny (14.12.2015)