Fonds – Die Geschmacksessenz
„Wenn Sie jünger als 30 Jahre alt sind, dann haben Sie noch nie einen kälteren Jänner erlebt“ – tönt es aus dem Radio. Was hilft da besser gegen die Kälte als eine dampfende Suppe, die die Lebensgeister wieder aufweckt und -wärmt. Doch solche Fonds haben noch ganz andere Sachen drauf. Nicht umsonst heißt Fond aus dem Französischen übersetzt, Grund. Denn er bildet oft die Basis für Saucen und Suppen.
Die Definition von Fond geht, nachdem es sich um eines der Grundrezepte der europäischen Küche überhaupt handelt, dementsprechend weit. Und beginnt bei den Röstrückständen von angebratenem Fleisch in der Pfanne. Diese sind nämlich die Basis des Fonds – wenn es ein fleischhaltiger ist. Alles was hinter den kräftigen Saucen und Suppen steckt, die aus angebratenem Fleisch oder Knochen entstehen, und oft das Tüpfelchen auf dem i eines gelungenen Gerichts sind, ist der glückliche Umstand, dass die Chemie stimmt.
Und wie macht man Fonds?
Erhitzt man die im Fleisch enthaltenen Proteine, so kommt es zu diesem charakteristischen Röstaroma. Wissenschaftler nennen das die Maillard Reaktion: Stoffe und Aromen werden frei, die das Fleisch ohne erhitzen nicht entwickelt hätte. Und ja es stimmt: Das gleiche passiert beim Karamellisieren. Auch diese Aromen gibt es nur, wenn man dem Zucker einheizt. Wobei ein großer Unterschied besteht: Bei der Maillard Reaktion und damit beim Entstehen der wichtigen Basis für unsere Fonds tanzen die Proteine, beim Karamellisieren der Zucker.
Den Prozess des Auslösens der Aromen und Bratenreste aus der Pfanne, indem man diese einer Art von Flüssigkeit – Wasser oder Wein – vorstellt, nennt man Deglacieren. So kommen die konzentrierten Aromen aus der Pfanne wieder zurück ins Gericht. Die Wasser-Braten-Mischung dann noch mit gewünschten Zutaten gepimpt – von der Schalotte bis hin zum Rosmarin. Eingedickt und reduziert – und fertig ist der Fond, der Herz und Magen erwärmt.
Jedem Gemüse seinen Fond
Doch nicht nur Proteine aus Fleisch und Fisch lassen sich als Fond wunderbar konzentrieren und konservieren. So ein Schluck heiße Gemüsebrühe kann einen schon einmal aufs feinste bis in die eingefrorenen Zehen erwärmen. So wird im Winter in manchen Teilen Spaniens Fond sogar „to Go“ verkauft. In der einfachen Papiertasse. Die einen marschieren also mit Café Latte durch die Straßen, bei den anderen brodelt der Fonds in der Papiertasse. Ob nun aus Gemüse- oder Fleisch.
„Wobei die Bandbreite bei Gemüse unendlich ist“, sagt Sternekoch Josean Alija aus dem Restaurant “nerua” im Guggenheim-Museum in Bilbao. Schon vor Jahren hat sich der Baske auf Gemüsefonds spezialisiert. In seiner Küche brodeln täglich um die 40 verschiedene Fonds – von der Grünen-Tomaten-Essenz bis hin zum Pilzfond. Und jedes Gericht wird mit einer anderen Essenz finalisiert.
Das Fond-Trio und seine tausend Geschwister
Dabei ist die Grundidee immer dieselbe: Fleisch oder Gemüse werden erhitzt und mit einer Flüssigkeit abgelöscht. Röstaromen werden beim Braten frei und lösen sich im Wasser auf. Dann noch eingedickt und reduziert, damit der Geschmack intensiver wird und fertig ist eines der absoluten Basisrezepte unserer Küche.
Echte Pros unterscheiden dann zwar noch zwischen braunem und weißen Fonds – beim braunen Fond werden Knochen und Fleisch gebraten, beim weißen blanchiert um eben die namensgebende Farbe zu erhalten – aber ansonsten ist das der Schlüssel zur Rinderconsommé, die in der Mokka-Tasse serviert wird ob ihrer Kraft, bis hin zur feinen Sauce, die so ein Schwammerlgulasch erst zu einem solchen werden lässt.
Fond-Investitionspakete
Jetzt kann man natürlich sagen – das ist alles schön und gut, aber so einen Kalbsfond kann ich mir doch auch ganz leicht im Supermarkt checken. Dort gibt es den Seelenwärmer schon fix und fertig im Glas zu kaufen. Das stimmt natürlich.
Doch auch die Zubereitung kann man sich im Auftrag der warmen Zehen und Fingerspitzen ruhig zutrauen. Und das Beste an der Geschichte – Fonds sind eine langfristige Anlage. Wenn man nämlich die Gläser vor dem Umfüllen mit heißem Wasser ausspült, dann den Fond brühend heiß abfüllt und die Gläser, gut verschlossen, kopfüber abkühlen lässt. So kommt keine Luft zum Fond und dieser hält monatelang.
Bis der Moment gekommen ist, um den Deckel beim Öffnen knacken zu lassen und Wärme und Kraft aus Gemüse und Proteinen in den kalten Wintertag zu bringen.
(18.01.2017)